kunstwegen - unterwegs in einem offenen Museum fuer zeitgenoessische Kunst, Natur und Geschichte. Hier lockt ein Urlaub mit dem Fahrrad im Vechtetal mit Kunst als Leitmotiv.

Luciano Fabro

Luciano Fabro, Tumulus, 1999 Luciano Fabro, Tumulus, 1999 Luciano Fabro, Tumulus, 1999 (Detail)
Luciano Fabro, Tumulus, 1999 Luciano Fabro, Tumulus, 1999 Luciano Fabro, Tumulus, 1999 (Detail)

tumulus

Der Grabhügel als großes, ruhig dahinziehendes Schiff – schon bei seinem ersten Besuch auf dem Spöllberg beschrieb Luciano Fabro, beeindruckt von dem vor zeitlichen Ensemble, dieses Bild. In allen Teilen der Erde sei er immer wieder auf solche Bestattungsorte gestoßen, die auch als Kultstätten dienten. Gräber sind Orte des Übergangs, der Verwandlung, des Gedenkens, und in vielen Kulturen steht die Bestattung am Anfang der großen Seelenreise. So wie die frühen Völker zumeist als wandernde Gemeinschaften lebten, schienen Fabro die Hügelgräber des Spöllbergs nur kurzfristig vor Anker gegangen zu sein, ein Halt auf ihrer stillen Reise um die Welt.

Die mächtige, 270 m lange Ankerkette mit mehr als 700 Steggliedern fand Fabro eher zufällig im riesigen Eisenlager des Hafens von Ravenna. Obwohl sie nach dem Ende ihrer Nutzung auf einem der großen Ozeanschiffe dort erst seit Kurzem deponiert war, ließ sich die knapp 100-jährige Vergangenheit der Kette kaum rekonstruieren. Nun scheint sich ihre Geschichte erfüllt zu haben: Am Ende einer langen Rei se findet sie nach der letzten Überquerung der Alpen im Tieflader am Spöllberg einen Ruheort. Nun liegt sie fernab der Weltmeere, in der Stille der Heide land schaft und in respektvoller Nähe zu einer historischen Grabstätte.

Ähnlich wie die historischen Artefakte im Boden verschwinden die Erinnerungen an die Ankerkette langsam im Fluss der Zeit; das Eisen kehrt in den Boden zurück. Es werden Spuren, Legenden, archäologische Vermutungen bleiben – und ein Zeichen. In der durch ihr Gewicht mehr und mehr im Boden versinkenden Ankerkette gehen Wasser und Erde symbolisch ineinander auf, während der dünne Faden der Geschichte sich vom Spöllberg über Ravenna, New York, Schanghai oder Sydney in der Weite der Welt verliert. Der Ring wird allmählich von Grün überwachsen werden und den Hügel neu markieren als einen besonderen Ort, in dessen Stille die Zeugen unserer Vergangenheit ruhen. Hier vollzieht sich ein Übergang zwischen den Welten, zwischen Leben und Tod, Anwesenheit und Erinnerung, zwischen Sichtbarem und Verborgenem.

Stahl, Länge ca. 240 m

über den künstler

1936 geboren in Turin

2007 verstorben in Mailand